Wenn es rundläuft
Die Lehre nicht einfach nur bestehen, sondern «gut bis sehr gut» abschliessen. Dazu das Angebot für eine Festanstellung im Ausbildungsbetrieb. Das sind die beruflichen Perspektiven von Mattia Albanese. Im Sommer soll es so weit sein. Dann beendet er seine zweijährige Ausbildung zum Reifenpraktiker EBA bei der Wiederkehr Pneuhaus AG in Grosswangen. Ein Erfolg, über den sich alle Beteiligten freuen. Doch was brauchte es, bis das Diplom nun zum Greifen nahe ist? Den Grundstein legte ein «Ja, gerne» vom Wiederkehr Pneuhaus, als Mattia Albanese dort für eine Schnupperlehre anfragte. Praktisch gleichzeitig erhielt Priska Wyss, Jobcoach bei Brändi, von der IV den Auftrag, mit Mattia Albanese eine berufliche Abklärung durchzuführen. Im Gespräch mit ihm erfuhr sie von der Schnupperlehre und nahm Kontakt mit dem Pneuhaus auf. «Von Beginn weg spürte ich eine grosse Offenheit und ein Wohlwollen gegenüber dem jungen Mann und Brändi», erinnert sich Priska Wyss. «Damit war der Grundstein für eine konstruktive und angenehme Zusammenarbeit gelegt.»
Für das Wiederkehr Pneuhaus ist Mattia Albanese die erste Person in Ausbildung mit einer Beeinträchtigung. Die Erfahrungen sind durchwegs positiv, sagt Sandra Bösch-Wiederkehr, die das Unternehmen zusammen mit ihrem Bruder Guido Wiederkehr leitet: «Mattia hat sich schnell in unser Tätigkeitsgebiet eingearbeitet und kann gleichwertig eingesetzt werden. Er ist sehr gewissenhaft, stets motiviert und so läuft alles sehr erfreulich.» Ein Glücksfall für das Pneuhaus, denn der Reifenpraktiker-Beruf ist vielen unbekannt und spricht nur einen kleinen Teil von Schulabgängern an. «Daher haben auch wir mit dem Fachkräftemangel zu kämpfen», sagt Sandra Bösch-Wiederkehr weiter. «Durch unsere Grösse können wir auch Personen einsetzen, die ein Handicap haben, jedoch Wille und Einsatzfreude zeigen.» Mattia Albanese fehlte es nie an Engagement. Aber seine Kommunikationsschwäche war anfänglich eine Herausforderung für das Wiederkehr Pneuhaus. «Bei Lehrbeginn konnten wir nicht immer abschätzen, ob unsere Weisungen oder Informationen korrekt aufgenommen wurden. In solchen Fällen haben wir uns mit der Familie abgesprochen, um Missverständnisse zu vermeiden», erklärt Sandra Bösch-Wiederkehr. Gleichzeitig war Aufklärung im Team nötig. Denn zu Beginn war den Mitarbeitenden nicht vollends bewusst, dass Mattia Albanese eine Beeinträchtigung hat und welche Konsequenzen diese mit sich bringt. Durch eine klare Kommunikation der Geschäftsleitung hat sich die Situation aber rasch verbessert.
Auch Jobcoach Priska Wyss ist überzeugt, dass die Persönlichkeit von Mattia Albanese wesentlich zum Gelingen beigetragen hat: «Mattia ist ein sehr zuverlässiger und williger Lernender. Er ist bereit, alles zu geben, um in seiner Ausbildung erfolgreich zu sein.» So war er beispielsweise auch bereit, die Berufsschule in Oerlikon zu besuchen, die Priska Wyss für ihn organisiert hatte. Dort werden vor allem Lernende mit sprachlichen oder Hör-Beeinträchtigungen ausgebildet. Mattia Albanese schätzt die Unterstützung von allen Seiten: «Ich fühle mich beim Wiederkehr Pneuhaus sehr wohl, wir sind wie eine Familie. Bei Fragen wird mir sofort geholfen. Auch Brändi ist für mich sehr hilfreich.» Die Branche ist genau sein Ding, was ihn zusätzlich motiviert: «Es fasziniert mich, mit Autos zu arbeiten und den Sound zu hören. Da ich später Auto fahren möchte, kann ich durch meine Arbeit jetzt schon Erfahrungen sammeln.» Erfahrungen sammeln – das gilt auch für Sandra Bösch-Wiederkehr. Sie spricht von «wertvollen und positiven Erfahrungen». Auch deshalb, weil Brändi immer zur Seite steht: «Wir fühlen uns sehr gut aufgehoben und schätzen die Zusammenarbeit sehr. Priska Wyss informiert gut und setzt sich stark für Mattia und uns als Betrieb ein.» Ihr Tipp, damit ein solcher Ausbildungsplatz für alle ein Gewinn ist? «Man muss von allen Parteien – Lernender, Eltern und Jobcoach – einen guten Rückhalt spüren, und alle müssen das gleiche Ziel verfolgen. Dann läuft es rund.» Und wenn es rundläuft, ist alles möglich.